Bankenscore Blog

Interview mit Dr. Sebastian Schnelle, Analytics Direktor bei CRIF Bürgel


BankenScore: Herr Dr. Schnelle, stellen Sie sich doch einmal bitte unserer Leserschaft vor. 

Sebastian Schnelle: ich bin Analytics Director bei CRIF Bürgel und in dieser Funktion mit meinem Team verantwortlich für Vorhersagemodelle jeder Art insbesondere auch der Scoringmodelle und Ausfallvorhersagen. Von Haus aus bin ich „gelernter“ Physiker und habe die letzten 10 Jahre in verschiedensten Positionen sowohl in Beratungsunternehmen als auch bei Banken im In- und Ausland immer in Bereichen der Quantitativen Risikosteuerung verbracht.

BankenScore: Wie hilft CRIF Bürgel Banken bei der Kreditvergabe?

Sebastian Schnelle: Das tun wir auf verschiedenen Ebenen. Als Datenlieferant, mit Advanced Analytics wie z.B. Modellentwicklungen und als Software Hersteller. Ziel ist es immer, die Risikoeinschätzung zu verbessern, damit Kreditausfälle zu minimieren und gleichzeitig die Annahmequote von guten Risiken zu optimieren. Dazu pflegt CRIF Bürgel ein Universum mit über 300 Millionen Adressen und fast 6 Millionen Firmen in Deutschland.

BankenScore: Welche Alleinstellungsmerkmale hat die Scoringmethodik von CRIF Bürgel?

Sebastian Schnelle: CRIF Bürgel ist der einzige Anbieter im deutschen Markt, der von Grund auf und schon seit vielen Jahren die Informationen von Privatpersonen und Firmen zusammenführt und mit seinem B2B2C Ansatz alle verfügbaren Datenquellen speziell auch zu kleinen und kleinsten Betrieben verknüpft und damit ein Maximum an Transparenz erzeugt. Speziell bei Firmen ohne jegliche Veröffentlichungsverpflichtungen wird hiermit eine seriöse Risikoeinschätzung erst ermöglicht. Desweiteren ist durch diese Verknüpfung mit der Privatperson auch gerade bei Kleinunternehmern eine granulare Sicht auf die Risikofaktoren gegeben, d.h. als Risikomanager kann ich direkt erkennen, ob die hinter dem Unternehmen stehende Person nicht durch private finanzielle Schwierigkeiten ein Risiko darstellt oder auch umgekehrt, eine hervorragende private Bonität vorliegt. Gerade für die Kreditvergabe im kleineren Bereich sind solche Verknüpfungen von Datensätzen eigentlich gang und gäbe, und Banken verwenden sowieso immer auch eine private Bonität von Geschäftsführern.

BankenScore: Hat CRIF Bürgel technische methodische Vorsprünge gegenüber anderen Scoringverfahren?

Sebastian Schnelle: Die Stärke der Scoringverfahren wie sie bei CRIF Bürgel zum Einsatz kommen liegt darin, dass wir je nach Firmengröße und Datenverfügbarkeit immer das optimale Berechnungsverfahren verwenden, um verlässliche Risikoeinschätzungen zur Verfügung zu stellen. Liegen zu einer Firma z.B. Bilanz und GuV vor, so werden diese die Grundlage eines Firmenscorings darstellen, während bei kleinen Firmen ohne diese Veröffentlichungspflichten andere Daten inklusive der Eigentümerinformationen zum Einsatz kommen.

BankenScore: Sehen Sie Veränderungen im Bereich Scoring und Risikobewertung durch Corona? Was gibt es für Herausforderungen für Banken und wie kann CRIF Bürgel hier helfen?

Sebastian Schnelle: Durch die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht ist natürlich eine Möglichkeit unprofitable Firmen zu erkennen für alle Auskunfteien weggefallen. In den Zeitungen ist hier oft die Rede von Zombie-Firmen, einem Begriff der übrigens ursprünglich aus Japan kommt, wo man sich ja schon jahrzehntelang mit Niedrigzinsen und überschuldeten Kleinstfirmen und sogar Großunternehmen auskennt. Dort sieht man auch, wie schwierig die Balance zwischen der Rettung von Unternehmen und Non-performing Loans der gesamten Bankenindustrie sein kann. Japanische Banken sind bestimmt etwas erfahrener mit diesem Problem.

CRIF Bürgel kann hier aber unterstützen, indem wir über unsere Zahlungserfahrungspools das Zahlungsverhalten von Firmen überwachen und auch für einzelne Branchen Risikoindizes berechnen. Diese veröffentlichen wir regelmäßig in unserem Corona Newsletter.

Ich persönlich denke auch, dass die Coronakrise ein guter Anlass ist, um das Thema Open Banking und die Verfügbarkeit tagesaktueller Konto- und damit Finanzdaten bei der Bewertung von Kreditrisiken etwas weiter voranzutreiben.

BankenScore:  Eine wichtige Technologie, die mittlerweile auch bei BankenScore integriert ist. Wie sehen Sie als Auskunftei das Thema Open-Banking und Kontoscoring? Wie unterscheidet sich dieser Ansatz vom klassischen Bonitätsscore?

Sebastian Schnelle: Open-Banking und Kontoscoring sehe ich als wichtigen Baustein in jeder modernen Risikostrategie. Gerade in der Zeit mit und nach Corona ist es wichtig tagesaktuelle Informationen zu erhalten, welche die finanzielle Lage einer Firma realistisch abbilden. Wenn wir bedenken, dass klassische Bonitätsscores hauptsächlich mit öffentlich verfügbaren Informationen arbeiten und das z.B. heute noch überhaupt keine Jahresabschlüsse des Corona-Jahres 2020 vorliegen, so sollte eigentlich klar sein, dass ein tagesaktueller Kontoblick die Risikoeinschätzung nur verbessern kann.

Ich denke generell wir können gespannt sein, wie sich sowohl Banken wie auch Scoringanbieter produktseitig auf Open-Banking einstellen. Die Kontoauswertung bei BankenScore verfolgen wir auch mit großem Interesse. Denn zum einen stellen wir fest, dass Banken ein großes Interesse daran haben Open-Banking Lösungen im Rahmen Ihres eigenen Ratingverfahrens optimal zu verwenden, gerade auch für Neukunden, da hier ja bekanntlich die Kontohistorie zumindest bisher nicht einsehbar war.

Zum anderen sehen wir aber auch, dass es immer noch Bedenken gerade bei Konsumenten gibt, da diese nicht ohne weiteres ihre Daten bereitstellen oder zumindest wissen wollen, wie genau mit ihren Daten gearbeitet wird. Hier gibt es sicherlich noch ein wenig Aufklärungsarbeit, aber ich bin felsenfest davon überzeugt, dass gerade Konsumenten schon bald die zahlreichen Mehrwerte von Open Banking erkennen. Vergessen wir nicht, dass die PSD2 ja von der Wettbewerbskomission der EU angestoßen wurde mit dem Ziel, mehr Wettbewerb unter Banken und somit bessere Konditionen für Endkunden zu schaffen.

BankenScore: Was hat CRIF Bürgel geplant für 2021?

Sebastian Schnelle: 2021 wollen wir unseren Klienten weiterhin mit unserem Fachwissen und unseren Daten rund um Risikosteuerung zur Seite stehen und ihnen helfen diese schwierigen Zeiten zu meistern. Zusätzlich werden wir weiterhin daran arbeiten immer neue Datenquellen zu erschließen, um aktuelle und belastbare Risikoeinschätzungen zu ermöglichen.


Über CRIF Bürgel:

CRIFBÜRGEL ist ein Informationsdienstleister und unterstützt Finanzinstitute und Unternehmen als Best-in-Class-Partner für Informationsmanagement mit integrierten und internationalen B2B2C-Lösungen. Schwerpunkte liegen im Bereich Digitalisierung und Automatisierung auf Lösungen für Digital Onboarding, Dokumentenerfassung, XS2A, Video-Identifikation, KYC und SaaS.

CRIFBÜRGEL gehört zur weltweit tätigen Wirtschaftsauskunftei-Gruppe CRIF mit Hauptsitz in Bologna, Italien. Die Gruppe ist heute mit über 5.500 Experten und 70+ Unternehmen in 30+Ländern auf vier Kontinenten aktiv.

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